Ein in der Schule tätiger IT-Koordinator und ein Sekundarlehrer erkennen ein Problem und erfinden dazu die Lösung – eine Lagerungsmöglichkeit für IT-Geräte im Schulbetrieb.

Vor etwa 2.5 Jahren haben Emanuel Muhl und Sandro Bauer das erste Produkt, welches nun unter dem Wunderkisten-Dach produziert wird, lanciert. In dieser Zeit hat sich die Wunderkisten GmbH entwickelt und so kam es im Februar 2021 zur Firmengründung.

Lieber Emanuel und Sandro, um was geht es bei Wunderkisten GmbH?

Die Wunderkisten GmbH entwickelt und produziert Lagerungsmöglichkeiten für IT-Geräte im Schulbetrieb. Die Produkte bestechen durch ihr Design, ihre Praxistauglichkeit und ihre Langlebigkeit. Mit dem Slogan «aus der Praxis entwickelt» hat sie sich diesem Kredo auch verschrieben. Um auf die Swissness der Produkte hinzuweisen, wurden die Produkte von Anfang an mit urschweizerdeutschen Ausdrücken wie «iWägeli» oder «iChischtli» und ganz neu jetzt auch das «iChlötzli» benannt. Das «i» steht für IT und ist natürlich etwas einem Apfelproduzenten aus Kalifornien abgeguckt. Wobei wir immer wieder betonen, dass unsere Produkte Platz für Geräte eines jeden Herstellers bieten.

Was hat euch dazu gebracht die Wunderkisten GmbH zu gründen?

Bevor wir unsere eigenen Produkte entwickelten, haben wir festgestellt, dass man in einer mittelgrossen Schule im Monat durchschnittlich an die Fr. 100.— für neue Gerätekabel investieren muss, weil sie entweder beschädigt werden oder – ganz häufig – einfach verschwinden. Ebenfalls stellten wir fest, dass Schulen zwar sehr viel Geld in die Finger nehmen, um eine neue IT-Infrastruktur zu kaufen, aber dabei oft vergessen, an eine schlaue Lösung für die Lagerung dieser Geräte zu denken. So landen viele Tablets und Laptops in schäbigen Plastikkisten und die Kabel enden oft in einem gigantischen Wirrwarr. Irgendwann hat dann meist der IT-Verantwortliche der Schule (im TG «iScout» genannt, im Kt. ZH «TICTS») genug des Chaos’ und holt bei uns Hilfe.

Mit der Lancierung des iWägelis konnten wir ein Produkt anbieten, das Ordnung, Übersicht und Langlebigkeit bietet, und insbesondere die Kabel fix ins Gehäuse verschliesst, damit diese nicht mehr entfernt oder beschädigt werden können. Mit der Zeit machten uns Kunden auf den Nutzen einer einzigen Kiste, welche Tablets laden und verstauen könnte, aufmerksam und so lancierten wir das Designermöbelstück «iChischtli», welches einem abgeschrägten Würfel gleicht.

Diese Produkte liefen anfänglich als Produkte der Helplink GmbH, der IT-Firma von Emanuel. Da jedoch der Umsatz dieser Produkte allmählich einen beträchtlichen Anteil ausmachten, waren wir gewillt, die Produkte unter einem eigenen Dach zu produzieren.

Ist eure Zielgruppe hauptsächlich die Schulen oder sprecht ihr auch andere an? Wenn ja, wen?

Überhaupt nicht. Wir sind überzeugt, dass unsere Möbel auch in Museen oder Messen auf grossen Anklang stossen können. Leider sind wir dort noch nicht so gut vernetzt wie in den Schulen. Eigentlich können unsere Produkte überall dort sehr gut gebraucht werden, wo viele IT-Geräte verstaut und geladen werden müssen. So könnten auch Ausbildungsstätten der Armee, grosse Industriebetriebe mit Betriebsführungen oder sogar Landesausstellungen zu unseren Kunden werden.

Was hat es für Herausforderungen?

Da wir in der Schweiz produzieren ist der Kostendruck eine der grössten Herausforderungen. Jedoch schläft auch die Konkurrenz nicht. Es gibt viele Firmen, die auf den Zug der Digitalisierung an Schulen aufgesprungen sind. Glücklicherweise setzen viele auf den günstigen Produzenten China und somit sind wir in Punkto Robustheit, Material und Design den Konkurrenten einen zünftigen Schritt voraus. Ebenfalls gibt es Nachahmer, die unsere Ideen kopieren. Diesen können wir nur durch unseren hohen Qualitätsstandart und mit immer neuen Produkten vorauseilen. Oder häufig sind es auch die Werklehrpersonen und Hobbyschreiner, die sich von unseren Produkten inspirieren lassen und dann eine Self-made-Variante des iWägelis nachbauen. Dort fallen aber zum Glück meist nach wenigen Wochen die Räder ab…

Nebst vielen Herausforderungen gibt es auch immer wieder Erfolge. Was war euer grösster Erfolg?

Jede kleinere und grössere Bestellung verbuchen wir als Erfolg. Am meisten freut uns das positive Kundenfeedback im Anschluss an eine erfolgte Auslieferung. Eine ausserordentliche Geschichte ist aber natürliche diejenige der selbstgebauten CNC-Maschine, mit welcher wir nun Prototypen fertigen und das nächste Produkt, das «iChlötzli», selbst fräsen können. Als wir das erste Brett unter die Fräse legten und das mit CAD designte File auf die CNC-Maschine übertrugen, «vergitzelten» wir fast vor Spannung: die mit 1000 Einzelteilen gelieferte Maschine leistete ihren Dienst!

Wo steht ihr zurzeit und was sind eure nächsten Schritte?

Im Dezember haben wir unsere neue Werkstatt in Betrieb genommen. Wir sind aus dem Industriegebiet von Bürglen nach Sulgen gezügelt und haben in der romantischen Kirchgasse, zusammen mit der Helplink GmbH, ein wunderschönes, kleines Geschäftslokal mit einladender Empfangstheke und hochkarätiger Kaffeemaschine bezogen. Die Lancierung des «iChlötzli Pen», einem Tablet-Stifthalter mit Induktionsladefunktion, wird uns die nächsten Monate beschäftigen.

Ihr macht dies zurzeit Nebenberuflich. Wie sieht das in der Zukunft aus? Wird die Wunderkiste GmbH zum Hauptberuf?

Momentan können wir von der Wunderkisten GmbH noch nicht leben. Wir sind uns aber beide einig, dass uns die Arbeit mit Wunderkisten extrem viel Freude bereitet und jeder Schritt nach vorne werten wir als etwas wahnsinnig Schönes und Beflügelndes. Dies muss am Bewusstsein liegen, dass man zu 100 Prozent Schmiede des eigenen Erfolgs ist. Sollte die Wunderkisten GmbH einst unsere Mäuler und diejenigen unserer Familien ernähren können, könnten wir uns aber vorstellen, unsere anderen Verpflichtungen zu Gunsten der Wunderkisten zu reduzieren oder einzelne gar aufzugeben.

Kommen wir zur letzten Frage: Was sind eure Lessons Learned und was möchtet ihr anderen Startups auf den Weg geben?

Irgendwie ist es noch schwierig, bereits jetzt Lessons Learned weiterzugeben, da wir ganz sicher noch am Anfang einer ganz langen und hoffentlich steilen Lernkurve stehen. Für uns entpuppte sich das «zweite Standbein» sicherlich als grossen Vorteil. Wir waren beide nicht auf den Erfolg von Wunderkisten angewiesen und so konnten wir manchmal auch mit einer gewissen Coolness auf Entwicklungsprozesse schauen. Beispielsweise entfalten Zeitungsinserate in Schulblättern sehr spät ihre Wirkung, da die Prozesse in Schulen eher langsam ablaufen. Meist müssen Anträge einen Budgetprozess durchlaufen und von Behörden genehmigt werden. Solche Wartezeiten konnten wir relativ einfach und ohne nervös zu werden mit Innovation und Entwicklung von Neuem überbrücken.

Weiter hilft natürlich das sich ergänzende und gut kommunizierende Team. Wir sind uns der Stärken und Schwächen des anderen bewusst und können uns dort unterstützen, wo es nötig ist und Sinn macht. Das Zweiergespann hilft auch in Sachen Verfügbarkeit und Stellvertretungsregelung beispielsweise in Abwesenheit aufgrund Urlaub oder den anderen beruflichen Verpflichtungen.

25.01.2022- Fränzi Bachmann